Unterrichtsleben

Petersen verstand Schule als Bildungs- und Lebensraum, der gemeinschaftlich von Lehrern, Eltern und Schülern zu gestalten sein, in dem sich Kinder individuell entwickeln konnten und gleichzeitig die Gemeinschaft in der Gruppe gestärkt wurde. Die Rhythmisierung der Woche erfolgte durch Kurse und Gesamtunterricht. Im Gesamtunterricht entwickelten sich verschiedene Formen je nach Stufe und Arbeitsthemen. Dabei war die Gruppenarbeit (entspricht heutigen Stammgruppen-Projekten) die bevorzugte Sozialform des Lernens. Sie erfolgte epochal, fächerübergreifend und jahrgangsgemischt. Kurse gab es für Sprachlehre, Rechnen, Mathematik, Werkarbeit, Literatur, Religion, Lebenskunde und Fremdsprachen. Kursunterricht konnte im Jahrgang oder in der Jahrgangsmischung erfolgen. Die Woche begann mit einem Montagkreis oder der Montagsfeier und endete ebenso mit Abschlusskreis oder -feier. 

Kern dieser Pädagogik waren das selbsttätige Arbeiten, das gemeinschaftliche Zusammenarbeiten und -leben und die Mitverantwortung der Schülerinnen und Schüler sowie der Elternschaft. Schule sollte nicht nur Raum für Lernen schaffen, sondern auch Platz für Gespräche, Spiel und Feier bieten. Gespräch, Arbeit, Spiel und Feier rhythmisierten daher abwechselnd den Wochenverlauf und bestimmten einen kindgerechten Tagesrhythmus.

Wochenpläne

Bildquelle Wochenpläne: Universitätsarchiv Jena
Bildquelle Wochenplan handgeschrieben: Peter Petersen Archiv Vechta

Gespräch und Kreis

Bildquelle Kreis: Peter Petersen Archiv Vechta

Zentrale Elemente der Jenaplan-Pädagogik sind das Gespräch und der Kreis. Die klassische frontale Sitzordnung wird durch offene Gesprächsrunden in einem Kreis ersetzt. Schüler können die Leitung der Kreisgespräche übernehmen. Diese Gesprächskreise dienen der Einführung, Präsentation, Auswertung und Ergebnissicherung von Projekten und Unterrichtsinhalten, aber auch der Berichterstattung oder Aussprache und Reflexion. Sie tragen entscheidend zu einer Gesprächskultur bei.   

Arbeit in Stammgruppen

Bildquelle Arbeit: Peter Petersen Archiv Vechta

Gearbeitet wird in so genannten Stammgruppen, die sich aus Dreier-Jahrgangsmischungen, d.h. aus einer Untergruppe Klasse 1-3, einer Mittelgruppe Klasse 4-6 und einer Obergruppe Klasse 7-9 zusammensetzen. Die Schülerinnen und Schüler ordnen sich in frei gewählten kleineren Tischgruppen um den jeweiligen Arbeits- und Lerngegenstand.

Innerhalb einer Lern- und Übungszeit vertiefen die Schülerinnen und Schüler je nach Jahrgang in verschiedenen Fächern und mit verschiedenen Aufgaben ihr Wissen. 

Spiel

Bildquelle Spiel: Peter Petersen Archiv Vechta

Das Spiel dient der Förderung der jüngeren Kinder, macht sie mit Regeln für soziales Miteinander vertraut und schult ihre Aufmerksamkeit. Das Spektrum reicht hierbei vom freien Spiel bis hin zu Lern- und Pausenspielen. Das Spiel wird aber auch durch den Jahreskreis mit seinen Ritualen und Festen bestimmt. 

Feier

Bildquelle Kreis: Peter Petersen Archiv Vechta

Jede Woche beginnt mit der Montagsfeier bzw. dem Montagmorgenkreis in der Stammgruppe angeleitet durch den Stammgruppenlehrer. Die Montagsfeier dient dem Ankommen in der neuen Woche, dem Austausch unter den Schülerinnen und Schülern und der Planung der Woche. Beendet wird die Woche mit der Freitagsabschlussfeier, in der die vergangene Woche, d.h. die Ziele und Aufgaben reflektiert, Arbeitsergebnisse präsentiert und die Leistungen der Schülerinnen und Schüler gewürdigt werden. 

Gespräch, Spiel, Arbeit und Feier sind gleichberechtigte, ordnende Unterrichts- und Lernformen im rhythmisierten Wochenplan einer Jenaplan-Schule. 


Zitat aus:  Peter Petersen: Schulleben und Unterricht einer freien allgemeinen Volksschule nach den Grundsätzen „Neuer Erziehung“ [Jena-Plan, Bd. 1]1930, S. 138

„Demnach würde sich ergeben, daß die Aufteilung in weit mehr als ein Dutzend verschiedener ‚Fächer‘ nicht richtig ist, aber ebenso wenig das andere Extrem, die Fächerung so gut wie ganz aufzugeben. Nun lehnt auch der Vertreter des ungefächerten Gesamtunterrichtes es nicht ab, Stunden zur Übung von Fertigkeiten und elementarem Wissen einzuschieben, wie es die Notwendigkeit ergibt.“ 

Kinderzeichnungen

Bildquelle Kinderzeichnungen: Peter Petersen Archiv Vechta

Peter Petersen: Schulleben und Unterricht einer freien allgemeinen Volksschule nach den Grundsätzen „Neuer Erziehung“ [Jena-Plan, Bd. 1]1930, S. 101f                                        

„Und ein weiteres ernstes Kapitel sind die falschen, zerstörenden […] Eingriffe der Erwachsenen in die kindliche Arbeit. Dahin gehören tagaus tagein in unseren Schulen mindestens 50% der ‚methodischen‘ Hilfen. Ein Lehrer […] verbietet einem Jungen, grüne Kühe, knallrote Pferde und dergleichen zu malen. Denn ‚das gibt es doch nicht! Sieh dir doch Kühe und Pferde an! Hast du denn nie eine Kuh oder ein Pferd gesehen? Sind die denn grün oder so knallrot, wie du sie machst? Sieh, so sehen sie aus!‘ Alles mit großer, echter Freundlichkeit gesagt. Und überhaupt malt er immer das ‚Richtige‘ daneben. Sicherlich ein guter Lehrer, überzeugt, das Beste zu tun, was er gelernt hat, vor allem hier die Phantasie des Jungen an der ‚Wirklichkeit‘ zu verbessern. Und sein Beginnen war total falsch; er nahm dem Jungen jede Lust zum Malen und Zeichnen, obwohl er bis dahin nicht nur Lust, sondern auch Begabung gezeigt hatte.“